Nina F.
Hauskatze
07.05.2003
Mann starb an Katzenbissen
Straßwalchen/Österreich, 7.5.03
Vor kurzem ist ein Salzburger Pensionist an den Folgen von Katzenbissen gestorben. Viele Menschen wüssten nicht, wie gefährlich die Bisse von Katzen sind, sagt Primar Herbert Resch vom Landeskrankenhaus.
Kleine Bisswunden unterschätzt
Der frühere Nebenerwerbsbauer Johann Herzog aus Straßwalchen war sein Leben lang ein Katzenliebhaber. Zuletzt besaß er noch vier davon.
Gebissen hat ihn allerdings eine Nachbarskatze, die er schon oft zuvor gestreichelt hatte. Der Kater biss den Mann jeweils ein Mal in beide Hände. Der 66 Jahre alte Herzog wollte deshalb aber nicht zum Arzt, er gab auch nicht den dringenden Bitten seiner Frau und seiner Tochter nach.
Er fand die kleinen Bisse nicht der Rede wert. Auch die typischen Blutvergiftungsstreifen auf den Unterarmen seien nicht zu sehen gewesen, schildert die Tochter.
Amputationen konnten Mann nicht retten
Erst fünf Tage nach den Bissen, als beide Arme bereits dick angeschwollen waren, ließ sich Herzog zum Arzt bringen. Er wurde sofort ins Spital geschickt. Die Ärzte kämpften um das Leben des 66-Jährigen. Er wurde auf der Chirurgie West insgesamt zehn Mal operiert. Immer wieder mussten Teile der Arme abgetrennt werden.
Der Mann starb fünf Wochen nach seiner Einlieferung ins Spital, die Ursache war eine Blutvergiftung nach den Katzenbissen.
Resch erklärt, warum Katzenbisse so gefährlich sind. Er warnt ausdrücklich davor und rät, auch bei der kleinsten Bissverletzung den Arzt aufzusuchen.
Quelle: Oesterreich.orf
Hund und Katze - dick geliebt: Falsche Ernährung
Dackeldame Rosa war beim Arzt. Impfen, Ohren sauber machen und einfach mal nachschauen. "Alles in Ordnung", sagt ihr Besitzer. "Nur - adipös ist sie", sagt der Doktor. Zu dick also. Der Rentner tätschelt Rosa den breiten Rücken, daß es klatscht und wackelt. "Dick ist das Mäuschen nun wirklich nicht", murmelt er, "ein bißchen zu stark vielleicht."
Ein "bißchen zu stark" ist etwa jedes dritte deutsche Heimtier, insgesamt wiegen rund sieben Millionen Hunde, Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen mehr, als ihnen guttut. Selbst Vögel können fett werden, wenn sie nur im Käfig hocken und Sonnenblumenkerne knabbern. Die Folgen sind für alle gleich - Herz- und Kreislaufprobleme, kaputte Knochen und Gelenke, Diabetes, Leberschäden oder Nierenversagen. Dabei scheint die Behandlung denkbar einfach: Weniger Füttern und für mehr Auslauf sorgen.
"Das", sagt Ellen Kienzle, "ist die Theorie." Kienzle ist Professorin für Tierernährung an der Münchner Ludwig Maximilian Universität und stellt im Alltag und in den Sprechstunden immer wieder fest: "Mit Fachwissen alleine komme ich bei Herrchen und Frauchen nur schwer durch." Füttern sei eben ein hoch emotionaler Vorgang. Es geschieht viel mehr, als daß dem Liebling nur Fett, Eiweiß und Vitamine in Fleischwürfelform verabreicht wird.
Beispiele? Vater, Mutter, Kind stecken dem Hund beim Grillabend Wurst und Toastbrot zu. Einer nach dem anderen und heimlich - um sich bei ihm einzuschmeicheln. Denn eigentlich wird bei Tisch nicht gefüttert. Oder: Frauen mit Eßstörungen verkneifen sich beim Sonntagskaffee das Stück Schwarzwälder Kirsch und stellen es ihrer Katze hin - obwohl die für die Geschmacksrichtung süß gar keine Rezeptoren hat. Oder, tatsächlich vorgekommen: Eine Pferdebesitzerin, die mit Reiten und Putzen ihrer Pferde nicht zurechtkommt, verteilte als Entschädigung Leckerli und Spezialflocken für Rennpferde. So viel, daß die Tiere regelrecht vergiftet waren und eingeschläfert werden mußten.
Dieser konkrete Fall war für Ellen Kienzle Anlaß, der Sache einmal auf den Grund zu gehen. Sie wollte genauer wissen, was für Menschen die Besitzer von dicken Tieren sind, welche Eigenschaften sie haben und wie sie sich den Tieren gegenüber verhalten. Zusammen mit einem Psychologen hat die Tiermedizinerin 60 übergewichtige und 60 normal schwere Hunde und Katzen untersucht und deren Halter befragt. Erstes vielleicht nicht ganz überraschendes Ergebnis: Ein träger, fülliger Mensch hat oft auch einen trägen, dicken Hund.
Wie die Dackelhündin Rosa und ihr Besitzer. Beide besitzen ein Bäuchlein und gehen selten vor die Tür. Und wenn, dann nur so lange, "bis Rosa Pipi gemacht hat". Dann gibt es für beide ein Stückchen Schokolade, und ab geht es aufs Sofa, fernsehen. "Volksmusik mag sie besonders gerne." Rosas Herrchen redet mit ihr viel über das Leben, die Kinder und die Politik. Ihr "Sitz" und "Platz" und "Aus" beizubringen ist ihm nicht so wichtig. Essen, das schon, und auch viel Schlaf und Entspannung.
"Dieses Verhalten ist typisch", sagt Ellen Kienzle. "Genausowenig wie auf die eigene Ernährung und Gesundheit achten dicke Halter auf die Bedürfnisse ihres Hundes." Genügend Auslauf nämlich und vernünftiges Futter. Sportliche, gesundheitsbewußte Menschen dagegen nehmen ihren Hund mit zum Joggen oder Radfahren. Am Wochenende geht es in den Wald, und wenn sie dem Hund was Gutes tun wollen, dann gibt es eben keine Knackwurst. Sondern eine Extrarunde um den Block.
Ein ganz anderes Ergebnis lieferte die Katzenstudie. Träge Besitzer - bei Katzen übrigens fast immer Besitzerinnen - sind kein Risikofaktor fürs Dickwerden. "Im Gegenteil", sagt Ellen Kienzle, "Menschen mit dicken Katzen sind selbst oft schlank und leben kalorienbewußt." Anders als bei Hunden färbt der Lebensstil des Menschen in diesen Fällen offenbar nicht auf das Tier ab. Bei Katzen wäre das auch schwierig, denn sie gehen ihre eigenen Wege. Radfahren oder Stöckchen holen interessiert sie nicht. Ein bißchen Spielen und Schmusen vielleicht, aber der wichtigste Kontakt ist das Füttern. Und je mehr Kontakt der Mensch zur Katze sucht - zum Beispiel wenn die Katze mehr ist als nur eine sanfte Hausgenossin, sondern die beste Freundin, der man seine Sorgen und Probleme erzählt -, desto reichlicher gibt es Futter und Leckereien. Und genau dann wird es eng für Miezes Taille.
Hat jeder Tierhalter es also mehr oder weniger in der Hand, ob sein Liebling dick wird? Und was ist mit Kastration, Veranlagung, falschem Futter? Alles Ausreden. Ellen Kienzle: "Kastrierte Tiere werden nicht automatisch dick, sie fressen aber oft besonders gerne oder werden träge." Die Menge macht's eben. Wer weniger braucht, muß weniger essen. Wie beim Menschen - auch der hat es selten tatsächlich an den Drüsen. Für die figurfreundlichste Variante hält die Tiermedizinerin übrigens Fertigfutter. "Ganz einfach, weil da Kalorien und Nährstoffe immer in der richtigen Zusammensetzung drin sind." Statt alle Zutaten selber zu kaufen, zu kochen und zu mischen kann man in dieser Zeit mit der Katze spielen oder mit dem Hund spazierengehen.
Und der Mensch läuft nicht Gefahr, aus falschen Vorstellungen heraus Falsches zu verfüttern - weil doch ein echter Hund auf Knochen kaut und eine echte Katze Milch schleckt. "Klischees sind das, und nicht ganz ungefährliche", sagt Ellen Kienzle. Der Hund kann sich leicht einen Splitter in den Schlund reißen, und von Knochen gibt es Verstopfung; Laktose in der Milch verursacht Durchfall bei Katzen. Aber weil Klischees so schön sind und weil sich auch der Mensch beim Füttern freuen will, haben die Futtermittelhersteller die Lösung schon ins Supermarktregal gestellt: Hundekuchen in Knochenform zum Beispiel und laktosefreie Katzenmilch. Wie gesagt: Füttern ist ein hoch emotionaler Vorgang.
Deshalb braucht der behandelnde Tierarzt auch Fingerspitzengefühl, wenn aus der japsenden Fettrolle wieder ein Dackel werden soll. Oder ein paar psychologische Grundkenntnisse. Die allerdings sind bislang kein obligater Bestandteil der Ausbildung zum Tiermediziner. Leider, findet Ellen Kienzle, denn schon bei der Ursachenforschung sei Gespür entscheidend. "Fragt man nur, ob das Tier zuviel Futter bekomme, ist die Antwort mit Sicherheit: ,Nein, niemals.' Nachhaken muß man: Nichts fürs Fell und für die Zähne? Keine Belohnungshappen?" Da kommen nämlich schnell mal ein rohes Ei, zehn Hundekuchen mit extra Calcium und drei Stückchen Leberwurstbrot zusammen.
Gespür für den Alltag von Herr und Hund braucht es auch beim Therapievorschlag. "Einem Sozialhilfeempfänger können sie keine Diät mit teurer Leber empfehlen, einer gestreßten Bankerin nicht zumuten, abends noch kalorienarm für das Tier zu kochen." Und Gespür braucht es schließlich, den Vorschlag so an den Mann und an die Frau zu bringen, daß es auch wirklich klappt mit dem Abnehmen. Einem Akademiker reichen vielleicht nackte Fakten wie Gewichtstabellen und Blutwerte. Und der Hinweis, darauf zu achten, daß das auf FdH gesetzte Tier sich nicht draußen heimlich aus den Mülltonnen verköstigt. Menschen, die sehr an ihrem Tier hängen, kommen dagegen am besten mit selbstgemachten Diäten zurecht, weil sie dann ihre ganze Liebe als Wiedergutmachung in die aufwendige Zubereitung der knapper gehaltenen Mahlzeiten legen können. Nachgiebigen empfiehlt Kienzle Fertigdiäten: wenig Fleisch, mit Luft, Wasser oder Fasern zu einer ordentlichen Portion aufgepeppt. Der Hund wird nicht satter - aber der Besitzer hat das Gefühl, den Napf richtig schön vollgepackt zu haben. Bettelt der Vierbeiner zwei Stunden später schon wieder, hat der Mensch kein richtig schlechtes Gewissen. Aus einem ähnlichen Grund hält Ellen Kienzle auch Fastentage für "Unfug". Die Gier des Hundes wird dadurch nur angestachelt, dem Besitzer vorgegaukelt, diszipliniert zu füttern. Mit dem Erfolg, daß er den Hund am nächsten Tag mit einer Extraration entschädigt.
Für Katzen sind Fastentage ohnehin nichts, sie können sogar gefährlich werden. Katzen sind hochspezialisierte Beutefresser. Sie brauchen viel Eiweiß, vertragen kaum Kohlenhydrate und sind auf bestimmte Stoffe angewiesen, die nur im Fleisch vorkommen wie zum Beispiel Taurin. Wenn sie längere Zeit nichts fressen, kann es zu lebensgefährlichen Stoffwechselstörungen kommen. Deshalb sollte man auch nachgeben, wenn die Katze das Diätfutter verschmäht. Und nicht darauf vertrauen, daß die kleine Diva schon noch fressen wird, wenn sie richtig Hunger hat. Katzen sind auf ihr Futter geprägt, und wenn sie von Sheba auf fettarmes Trockenfutter umsteigen sollen, erkennen sie das oft einfach nicht als etwas Eßbares.
Der schwierigste Schritt bleibt trotzdem die Diagnose "adipös". Herrchen und Frauchen klarzumachen, daß ihr Liebling eben nicht nur ein bißchen zu stark ist, kann heikel werden. Der Besitzer der dicken Dackeldame Rosa ist da kein Einzelfall. In beiden Studien befand ein Drittel der Halter von übergewichtigen Tieren, ihr Liebling sei "gerade richtig"; manche stuften ihre Moppel sogar als zu dünn ein. Zugegeben, fünf Kilo Übergewicht klingt nicht hochdramatisch. Mit fünf Kilo zuviel wiegt Rosa aber immerhin doppelt soviel wie ein normaler Dackel. Wäre Rosa ein Mensch, sähe sie aus wie Rainer Calmund. Dieser Hinweis soll manchmal helfen.
Quelle: FAZ
Mann starb an Katzenbissen
Straßwalchen/Österreich, 7.5.03
Vor kurzem ist ein Salzburger Pensionist an den Folgen von Katzenbissen gestorben. Viele Menschen wüssten nicht, wie gefährlich die Bisse von Katzen sind, sagt Primar Herbert Resch vom Landeskrankenhaus.
Kleine Bisswunden unterschätzt
Der frühere Nebenerwerbsbauer Johann Herzog aus Straßwalchen war sein Leben lang ein Katzenliebhaber. Zuletzt besaß er noch vier davon.
Gebissen hat ihn allerdings eine Nachbarskatze, die er schon oft zuvor gestreichelt hatte. Der Kater biss den Mann jeweils ein Mal in beide Hände. Der 66 Jahre alte Herzog wollte deshalb aber nicht zum Arzt, er gab auch nicht den dringenden Bitten seiner Frau und seiner Tochter nach.
Er fand die kleinen Bisse nicht der Rede wert. Auch die typischen Blutvergiftungsstreifen auf den Unterarmen seien nicht zu sehen gewesen, schildert die Tochter.
Amputationen konnten Mann nicht retten
Erst fünf Tage nach den Bissen, als beide Arme bereits dick angeschwollen waren, ließ sich Herzog zum Arzt bringen. Er wurde sofort ins Spital geschickt. Die Ärzte kämpften um das Leben des 66-Jährigen. Er wurde auf der Chirurgie West insgesamt zehn Mal operiert. Immer wieder mussten Teile der Arme abgetrennt werden.
Der Mann starb fünf Wochen nach seiner Einlieferung ins Spital, die Ursache war eine Blutvergiftung nach den Katzenbissen.
Resch erklärt, warum Katzenbisse so gefährlich sind. Er warnt ausdrücklich davor und rät, auch bei der kleinsten Bissverletzung den Arzt aufzusuchen.
Quelle: Oesterreich.orf
Hund und Katze - dick geliebt: Falsche Ernährung
Dackeldame Rosa war beim Arzt. Impfen, Ohren sauber machen und einfach mal nachschauen. "Alles in Ordnung", sagt ihr Besitzer. "Nur - adipös ist sie", sagt der Doktor. Zu dick also. Der Rentner tätschelt Rosa den breiten Rücken, daß es klatscht und wackelt. "Dick ist das Mäuschen nun wirklich nicht", murmelt er, "ein bißchen zu stark vielleicht."
Ein "bißchen zu stark" ist etwa jedes dritte deutsche Heimtier, insgesamt wiegen rund sieben Millionen Hunde, Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen mehr, als ihnen guttut. Selbst Vögel können fett werden, wenn sie nur im Käfig hocken und Sonnenblumenkerne knabbern. Die Folgen sind für alle gleich - Herz- und Kreislaufprobleme, kaputte Knochen und Gelenke, Diabetes, Leberschäden oder Nierenversagen. Dabei scheint die Behandlung denkbar einfach: Weniger Füttern und für mehr Auslauf sorgen.
"Das", sagt Ellen Kienzle, "ist die Theorie." Kienzle ist Professorin für Tierernährung an der Münchner Ludwig Maximilian Universität und stellt im Alltag und in den Sprechstunden immer wieder fest: "Mit Fachwissen alleine komme ich bei Herrchen und Frauchen nur schwer durch." Füttern sei eben ein hoch emotionaler Vorgang. Es geschieht viel mehr, als daß dem Liebling nur Fett, Eiweiß und Vitamine in Fleischwürfelform verabreicht wird.
Beispiele? Vater, Mutter, Kind stecken dem Hund beim Grillabend Wurst und Toastbrot zu. Einer nach dem anderen und heimlich - um sich bei ihm einzuschmeicheln. Denn eigentlich wird bei Tisch nicht gefüttert. Oder: Frauen mit Eßstörungen verkneifen sich beim Sonntagskaffee das Stück Schwarzwälder Kirsch und stellen es ihrer Katze hin - obwohl die für die Geschmacksrichtung süß gar keine Rezeptoren hat. Oder, tatsächlich vorgekommen: Eine Pferdebesitzerin, die mit Reiten und Putzen ihrer Pferde nicht zurechtkommt, verteilte als Entschädigung Leckerli und Spezialflocken für Rennpferde. So viel, daß die Tiere regelrecht vergiftet waren und eingeschläfert werden mußten.
Dieser konkrete Fall war für Ellen Kienzle Anlaß, der Sache einmal auf den Grund zu gehen. Sie wollte genauer wissen, was für Menschen die Besitzer von dicken Tieren sind, welche Eigenschaften sie haben und wie sie sich den Tieren gegenüber verhalten. Zusammen mit einem Psychologen hat die Tiermedizinerin 60 übergewichtige und 60 normal schwere Hunde und Katzen untersucht und deren Halter befragt. Erstes vielleicht nicht ganz überraschendes Ergebnis: Ein träger, fülliger Mensch hat oft auch einen trägen, dicken Hund.
Wie die Dackelhündin Rosa und ihr Besitzer. Beide besitzen ein Bäuchlein und gehen selten vor die Tür. Und wenn, dann nur so lange, "bis Rosa Pipi gemacht hat". Dann gibt es für beide ein Stückchen Schokolade, und ab geht es aufs Sofa, fernsehen. "Volksmusik mag sie besonders gerne." Rosas Herrchen redet mit ihr viel über das Leben, die Kinder und die Politik. Ihr "Sitz" und "Platz" und "Aus" beizubringen ist ihm nicht so wichtig. Essen, das schon, und auch viel Schlaf und Entspannung.
"Dieses Verhalten ist typisch", sagt Ellen Kienzle. "Genausowenig wie auf die eigene Ernährung und Gesundheit achten dicke Halter auf die Bedürfnisse ihres Hundes." Genügend Auslauf nämlich und vernünftiges Futter. Sportliche, gesundheitsbewußte Menschen dagegen nehmen ihren Hund mit zum Joggen oder Radfahren. Am Wochenende geht es in den Wald, und wenn sie dem Hund was Gutes tun wollen, dann gibt es eben keine Knackwurst. Sondern eine Extrarunde um den Block.
Ein ganz anderes Ergebnis lieferte die Katzenstudie. Träge Besitzer - bei Katzen übrigens fast immer Besitzerinnen - sind kein Risikofaktor fürs Dickwerden. "Im Gegenteil", sagt Ellen Kienzle, "Menschen mit dicken Katzen sind selbst oft schlank und leben kalorienbewußt." Anders als bei Hunden färbt der Lebensstil des Menschen in diesen Fällen offenbar nicht auf das Tier ab. Bei Katzen wäre das auch schwierig, denn sie gehen ihre eigenen Wege. Radfahren oder Stöckchen holen interessiert sie nicht. Ein bißchen Spielen und Schmusen vielleicht, aber der wichtigste Kontakt ist das Füttern. Und je mehr Kontakt der Mensch zur Katze sucht - zum Beispiel wenn die Katze mehr ist als nur eine sanfte Hausgenossin, sondern die beste Freundin, der man seine Sorgen und Probleme erzählt -, desto reichlicher gibt es Futter und Leckereien. Und genau dann wird es eng für Miezes Taille.
Hat jeder Tierhalter es also mehr oder weniger in der Hand, ob sein Liebling dick wird? Und was ist mit Kastration, Veranlagung, falschem Futter? Alles Ausreden. Ellen Kienzle: "Kastrierte Tiere werden nicht automatisch dick, sie fressen aber oft besonders gerne oder werden träge." Die Menge macht's eben. Wer weniger braucht, muß weniger essen. Wie beim Menschen - auch der hat es selten tatsächlich an den Drüsen. Für die figurfreundlichste Variante hält die Tiermedizinerin übrigens Fertigfutter. "Ganz einfach, weil da Kalorien und Nährstoffe immer in der richtigen Zusammensetzung drin sind." Statt alle Zutaten selber zu kaufen, zu kochen und zu mischen kann man in dieser Zeit mit der Katze spielen oder mit dem Hund spazierengehen.
Und der Mensch läuft nicht Gefahr, aus falschen Vorstellungen heraus Falsches zu verfüttern - weil doch ein echter Hund auf Knochen kaut und eine echte Katze Milch schleckt. "Klischees sind das, und nicht ganz ungefährliche", sagt Ellen Kienzle. Der Hund kann sich leicht einen Splitter in den Schlund reißen, und von Knochen gibt es Verstopfung; Laktose in der Milch verursacht Durchfall bei Katzen. Aber weil Klischees so schön sind und weil sich auch der Mensch beim Füttern freuen will, haben die Futtermittelhersteller die Lösung schon ins Supermarktregal gestellt: Hundekuchen in Knochenform zum Beispiel und laktosefreie Katzenmilch. Wie gesagt: Füttern ist ein hoch emotionaler Vorgang.
Deshalb braucht der behandelnde Tierarzt auch Fingerspitzengefühl, wenn aus der japsenden Fettrolle wieder ein Dackel werden soll. Oder ein paar psychologische Grundkenntnisse. Die allerdings sind bislang kein obligater Bestandteil der Ausbildung zum Tiermediziner. Leider, findet Ellen Kienzle, denn schon bei der Ursachenforschung sei Gespür entscheidend. "Fragt man nur, ob das Tier zuviel Futter bekomme, ist die Antwort mit Sicherheit: ,Nein, niemals.' Nachhaken muß man: Nichts fürs Fell und für die Zähne? Keine Belohnungshappen?" Da kommen nämlich schnell mal ein rohes Ei, zehn Hundekuchen mit extra Calcium und drei Stückchen Leberwurstbrot zusammen.
Gespür für den Alltag von Herr und Hund braucht es auch beim Therapievorschlag. "Einem Sozialhilfeempfänger können sie keine Diät mit teurer Leber empfehlen, einer gestreßten Bankerin nicht zumuten, abends noch kalorienarm für das Tier zu kochen." Und Gespür braucht es schließlich, den Vorschlag so an den Mann und an die Frau zu bringen, daß es auch wirklich klappt mit dem Abnehmen. Einem Akademiker reichen vielleicht nackte Fakten wie Gewichtstabellen und Blutwerte. Und der Hinweis, darauf zu achten, daß das auf FdH gesetzte Tier sich nicht draußen heimlich aus den Mülltonnen verköstigt. Menschen, die sehr an ihrem Tier hängen, kommen dagegen am besten mit selbstgemachten Diäten zurecht, weil sie dann ihre ganze Liebe als Wiedergutmachung in die aufwendige Zubereitung der knapper gehaltenen Mahlzeiten legen können. Nachgiebigen empfiehlt Kienzle Fertigdiäten: wenig Fleisch, mit Luft, Wasser oder Fasern zu einer ordentlichen Portion aufgepeppt. Der Hund wird nicht satter - aber der Besitzer hat das Gefühl, den Napf richtig schön vollgepackt zu haben. Bettelt der Vierbeiner zwei Stunden später schon wieder, hat der Mensch kein richtig schlechtes Gewissen. Aus einem ähnlichen Grund hält Ellen Kienzle auch Fastentage für "Unfug". Die Gier des Hundes wird dadurch nur angestachelt, dem Besitzer vorgegaukelt, diszipliniert zu füttern. Mit dem Erfolg, daß er den Hund am nächsten Tag mit einer Extraration entschädigt.
Für Katzen sind Fastentage ohnehin nichts, sie können sogar gefährlich werden. Katzen sind hochspezialisierte Beutefresser. Sie brauchen viel Eiweiß, vertragen kaum Kohlenhydrate und sind auf bestimmte Stoffe angewiesen, die nur im Fleisch vorkommen wie zum Beispiel Taurin. Wenn sie längere Zeit nichts fressen, kann es zu lebensgefährlichen Stoffwechselstörungen kommen. Deshalb sollte man auch nachgeben, wenn die Katze das Diätfutter verschmäht. Und nicht darauf vertrauen, daß die kleine Diva schon noch fressen wird, wenn sie richtig Hunger hat. Katzen sind auf ihr Futter geprägt, und wenn sie von Sheba auf fettarmes Trockenfutter umsteigen sollen, erkennen sie das oft einfach nicht als etwas Eßbares.
Der schwierigste Schritt bleibt trotzdem die Diagnose "adipös". Herrchen und Frauchen klarzumachen, daß ihr Liebling eben nicht nur ein bißchen zu stark ist, kann heikel werden. Der Besitzer der dicken Dackeldame Rosa ist da kein Einzelfall. In beiden Studien befand ein Drittel der Halter von übergewichtigen Tieren, ihr Liebling sei "gerade richtig"; manche stuften ihre Moppel sogar als zu dünn ein. Zugegeben, fünf Kilo Übergewicht klingt nicht hochdramatisch. Mit fünf Kilo zuviel wiegt Rosa aber immerhin doppelt soviel wie ein normaler Dackel. Wäre Rosa ein Mensch, sähe sie aus wie Rainer Calmund. Dieser Hinweis soll manchmal helfen.
Quelle: FAZ