Also, hier ein Auszug aus einem ernstzunehmenden Sachbuch (Desmond Morris, Catwatching - Die Körpersprache der Katze):
WARUM SCHNURREN KATZEN?
Die Antwort scheint naheliegend zu sein. Eine schnurrende Katze ist eine zufriedene Katze. Es muss einfach so sein. Aber es stimmt nicht.
Vielfältige Beobachtungen haben immer wieder gezeigt, dass Katzen auch bei großem Schmerz, in verletztem Zustand, in den Wehen und selbst noch in der Todesstunde oft laut und anhaltend schnurren. Und diese Katzen kann man wohl schwerlich als zufrieden bezeichnen. Natürlich stimmt es, dass zufriedene Katzen auch schnurren, aber Zufriedenheit ist auf keinen Fall die einzige Voraussetzung für Schnurren.
Eine genauere Deutung, die auf alle diese Fälle zutrifft, kommt zu dem Ergebnis, dass Schnurren eine freundliche, sozial aufgeschlossene Stimmungslage ausdrückt. Es kann sich also - sagen wir mal - auch an einen Tierarzt richten, wenn eine verletzte Katze spürt, dass sie dringend auf dessen Wohlwollen angewiesen ist, oder an den Besitzer als Dank für erwiesene Freundschaft.
Das erste Schnurren bei einem Katzenjungen wird hörbar, wenn es kaum eine Woche alt ist, und zwar beim Säugen. Es dient dann als Signal an die Katzenmutter, dass alles in Ordnung ist und der Milchstrom seinen Bestimmungsort erreicht hat. Die Mutterkatze kann ruhig daliegen, dem dankbaren Schnurren lauschen, und weiß, ohne hinzuschauen, dass alles nach Wunsch verläuft. Aber auch sie schnurrt dabei und teilt ihren Kätzchen dadurch mit, dass sie in entspannter, freundlicher Stimmung ist.
Schnurren erwachsene Katzen sich gegenseitig oder ihr Frauchen/Herrchen an, so ist dieses Schnurren mit großer Sicherheit ein Sekundäreffekt, der sich aus dem primären Eltern-Kind-Zusammenhang herleitet.
Ein wichtiger Unterschied zwischen Kleinkatzen wie unserer domestizierten Spezies und Großkatzen wie Löwen und Tigern besteht darin, dass die letzteren nicht richtig schnurren können. Ein Tiger begrüßt einen zwar mit einem freundlichen "Ein-Weg-Schnurren", aber er kann das "Zwei-Weg-Schnurren" der domestizierten Katze nicht erzeugen, bei dem ein schwirrendes Geräusch nicht nur bei jedem Ausatmen hervorgebracht wird, wie es auch der Tiger fertigbringt, sondern auch bei jedem Einatmen. Dieses Zwei-Weg-Schnurren beim Ein- und Ausatmen bringen Katzen auch mit geschlossenem Maul (oder mit der milchspendenden Zitze der Mutter darin) zustande, und sie können es mühelos stundenlang durchhalten, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. In dieser Hinsicht haben Kleinkatzen ihren riesigen Verwandten etwas voraus, dafür verfügen Großkatzen aber über eine andere Fähigkeit: Sie können brüllen. Das kann eine Kleinkatze nicht.
puuuuhhh, war das abtipseln anstrengend, aber mal wieder eine ganz gute übung für meine eingerostetes zehnfingersystem.
übrigens: diese und viele andere fragend beantwortet der berühmte verhaltensforscher desmond morris auf fundierte und zugleich amüsante weise in oben genannten buch. überaus aufschlussreich - bei manchen sachen bleibt einem glatt der mund offen vor staunen.
und: man kann das buch immer und immer wieder lesen, man entdeckt immer wieder was neues!
alles liebe, uli & das liederliche kleeblatt