Hallo,
ich habe ja (weil es mich interessiert und ich sowas sch*find), wie ihr vielleicht wisst, ein Mail (das hab ich jetzt nicht dazu gehängt) an den betreffenden Pfarrer geschrieben und hier ist seine Antwort:
Sehr geehrte Frau XY,
Ich sende Ihnen im Anhang meinen offenen Brief zur Diskussion über die
Katzen am Friedhof in Penzing, in dem ich die Situation ausführlich erkläre.
Mit der Bitte um eine genaue Lektüre verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Christian Sieberer
----------------------------------Offener Brief von Pfarrer Christian Sieberer
zur Diskussion um die Katzen auf dem Pfarrfriedhof Penzing
Wien, 15.11.2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
Das bekannte Sprichwort, dass man nicht alles glauben soll, was in der Zeitung steht, trifft in besonderer Weise auf den Artikel der Kronenzeitung „Alte Katzen sollen weg von Friedhof“ vom 12. November 2007 zu.
Es stellt sich die Frage, ob hier überhaupt etwas wahrheitsgemäß dargestellt wurde, was mich insbesondere ärgert, da ich mit zwei Redakteurinnen der Tierecke jeweils eine dreiviertel Stunde lang telefoniert habe, um den Sachverhalt in allen Einzelheiten zu erklären.
Ich habe auch für viele weitere Gespräche mit Menschen unterschiedlichster Meinung und zum Schreiben dieses offenen Briefes dutzende Stunden investiert, was mir angesichts der großen Betroffenheit vieler Menschen durchaus angemessen erscheint.
Wie Sie vielleicht wissen, habe ich am 1.9.2007 als Pfarrer die Verantwortung für alle Einrichtungen der Pfarre Penzing übernommen.
Seit diesem Zeitpunkt gibt es laufend Vorsprachen bzw. Beschwerden von Friedhofbesuchern, die sich von umher laufenden Katzen gestört fühlen. Die Katzen urinieren und hinterlassen ihren Kot auf den Grabanlagen.
Laut Aussagen meiner Mitarbeiter ist das Problem schon längere Zeit anhängig und mittlerweile auch der Bürgerservice der Gemeinde Wien und die Bezirksvertretung Penzing eingeschaltet.
Wie mir von der Bezirksvertretung in einer Beschwerde mitgeteilt wurde, gilt auf allen städtischen Friedhöfen in Wien ein generelles Mitnahmeverbot von Haustieren. Da die „Penzinger Friedhofsordnung“ sich in den allgemeinen Teilen an der Friedhofsordnung der Stadt Wien orientiert, gilt dieser Punkt selbstverständlich auch auf unserem Friedhof.
Wenn Besuchern die Mitnahme von Haustieren untersagt ist, muss diese Vorgabe natürlich auch vom Friedhofsbetreiber (Pfarre Penzing) eingehalten werden und ist für diesen voll gültig.
Ich habe unserer Friedhofsgärtnerin Frau Zach ausführlich erklärt, dass dieses Gesetz für mich und Sie bindend ist, ob wir es nun wollen oder nicht. Der in vielen Briefen zitierte Franz von Assisi, der übrigens mein Lieblingsheiliger ist, wäre als Pfarrer von Penzing genau so an dieses Gesetz gebunden wie ich und alle Mitarbeiter der Pfarre Penzing.
Dasselbe gilt natürlich auch für unseren Erzbischof Christoph Schönborn, weshalb die Unterschriftenaktion an den Kardinal völlig unrealistische Erwartungen weckt, und von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Ich erwarte mir von einer Mitarbeiterin des Pfarrfriedhofs Unterstützung der Pfarrarbeit, und ich muss von ihr die Einhaltung der Gesetze verlangen, da die Pfarre sonst jederzeit geklagt werden könnte. Im Werkvertrag mit der Pfarre hat sich Frau Zach ausdrücklich verpflichtet, alles zu unterlassen, was der Friedhofsordnung widerspricht.
Soweit die Rechtslage, die mir keinerlei Handlungsspielraum lässt, sondern mir die Entscheidung über Verbleib oder Nichtverbleib der Katzen auf dem Penzinger Friedhof zwingend vorschreibt.
Davon abgesehen möchte ich einige weitere Klarstellungen machen:
1. Ich finde Frau Zach sympathisch und habe ihr dies auch schon mehrmals gesagt. Die ganze Angelegenheit hat also mit ihrer Person nichts zu tun, würde ich als Pfarrer auf dem Friedhof Katzen halten, wäre die Situation genau dieselbe.
2. Ich schätze die große Tierliebe von Frau Zach, die noch nie jemand in Zweifel gezogen hat. Ich empfinde es als Skandal, wenn Menschen ein Tier, für das sie Verantwortung übernommen haben, einfach auf die Straße setzen. Es ist sehr lobenswert, dass sich Menschen dieser armen Tiere annehmen und ihnen ein neues Zuhause schenken.
Jedoch:
Ein Friedhof ist ein völlig ungeeigneter Platz für ein Tierasyl, daher ist mir der Sinn der gesetzlichen Vorschrift durchaus einsichtig. Wenn Frau Zach Platzwart auf einem Sportplatz wäre, würde sie mit Sicherheit aus genau denselben Gründen genau dasselbe erleben.
Weiters muss ich einige unrichtige Behauptungen korrigieren:
1. Mir wurde glaubhaft berichtet, dass, wenn Frau Zach am Abend die Katzentür öffnet bis zu 22 Katzen auf den Friedhof laufen. Diese sind keineswegs nur alte Katzen, die dort ihr Gnadenbrot fristen.
2. Sogar eine besonders heftig für den Verbleib der Katzen argumentierende Dame hat mir gesagt, dass der Katzengeruch im Blumengeschäft des Friedhofs extrem ist, ebenso verhält es sich im Priesterraum und dessen Nebenraum. Es sind also keineswegs nur so genannte Streunerkatzen, die nur ab und zu zur Fütterung kommen, da sich diese niemals einsperren lassen würden.
3. Ich habe mich im September zwei Wochen lang bei allen relevanten Stellen und Personen genau informiert und schließlich Anfang Oktober in zwei längeren Gesprächen versucht, Frau Zach den Sachverhalt zu erklären. Frau Zach hat mir im Gespräch zugesichert, dass sie die Katzen auf ihrem eigenen 4000m² Grundstück in Bad Vöslau unterbringen wird. Dann kam nach einiger Zeit das Ansuchen um einen Aufschub um ein halbes Jahr und schließlich die Forderung nach einer Frist bis zur Pensionierung in drei oder vier Jahren.
4. Ich empfinde es als Affront, wenn eine Unterschriftenaktion gestartet wird, die sich gegen die zwingenden Vorgaben der Wiener Friedhofsordnung richtet und dadurch versucht wird, mich als Pfarrer zu einem unrechtmäßigen Verhalten zu drängen. Wenn schon Unterschriften sammeln, dann für eine Änderung der Wiener Friedhofsordnung, die aber aus den erwähnten Gründen wohl nie Wirklichkeit werden wird.
5. Ich halte es für unfair, mich als den hartherzigen Tierhasser hinzustellen, in einer Situation in der ich überhaupt keine andere Wahl habe. Ich hatte selbst jahrelang eine Katze und einen Hund, und esse aus Tierliebe schon seit mehr als achtzehn Jahren kein Fleisch.
7. Niemals wurde von mir eine Einschläferung der Tiere verlangt, genau so wenig von irgendwelchen anderen Tieren auf dem Friedhof. Je mehr Tiere den Zustand dieses besonderen Ortes ohnehin beeinträchtigen, umso mehr muss jede vermeidbare Beeinträchtigung vermieden werden, zum Beispiel die Haltung von zusätzlichen Tieren.
8. Ich habe Frau Zach niemals ein Ultimatum gestellt, sondern sie aufgefordert, einen rechtswidrigen Zustand innerhalb von zwei Monaten zu beenden. Es war von meiner Seite niemals von einer Kündigung im Falle einer Nichterfüllung die Rede, vielmehr hat sie schon jahrelang gedroht, im Falle des Falles zu kündigen.
8. Jahrelang haben sich Menschen über die Katzen auf dem Friedhof Penzing sowohl in der Pfarre als auch am Bezirksamt und in den Medien beschwert. In den letzten Wochen haben sich Menschen über das Gegenteil beschwert, es gibt hier offensichtlich keinen Raum für irgendeinen Kompromiss.
Ich muss – Gott sei Dank – hier nicht die Entscheidung treffen, die auf jeden Fall äußerst schwierig wäre. Genau auch für so einen Fall eines besonders emotionalen Konflikts zwischen verschiedenen Überzeugungen gibt es glücklicherweise verbindliche Regelungen.
9. Die Pfarre könnte jederzeit geklagt werden, wenn wir den rechtswidrigen Zustand der Haltung von Katzen auf dem Friedhof weiterhin tolerieren. Ich werde jedenfalls nicht auf die erste Klage und das erste Verwaltungsverfahren warten.
Viele werden nun sagen, der macht es sich einfach, er hat kein Herz und argumentiert nur mit dem Gesetz.
Viele Außenstehende, die von dieser Angelegenheit nicht betroffen sind, und die ich um ihre Einschätzung gebeten habe, haben mir gesagt:
„Was sollten Sie sonst tun?“
Mit der Bitte um eine objektive Sicht der Dinge
verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Ihr
Pfarrer Christian Sieberer
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